Ist Coaching wirksam?

Ist Coaching wirksam?

Öfter werde ich im Kontext meiner Beratungsarbeit von Arbeitgebern und auch von Führungskräften nach der Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit von Coaching gefragt. Rechnet sich der Mitteleinsatz, bringt das Coaching wirklich die gewünschten Veränderungen, so oder so ähnlich werden die Fragen gestellt. Meine Antwort darauf lautet: Es kommt darauf an, wie die genauen Umstände sind, was der betroffene Mensch wirklich möchte und wie die Bereitschaft der Person zur eigenen Veränderung ist. Es gibt eben keine Patentrezepte oder Prozeduren, die bei jedem Menschen gleiches hervorrufen. Coaching ist immer individuell und ergebnisoffen.

Wichtig ist mir auch in diesem Zusammenhang klarzustellen was Coaching ist und was es nicht ist:

  • Coaching ist als ein strukturierter Prozess definiert, bei dem ein Coach eine Person oder Gruppe von Personen anleitet, um bestimmte Ziele zu erreichen oder Probleme zu lösen. Der Coach unterstützt den Klienten dabei, eigene Ressourcen und Fähigkeiten zu erkennen und zu nutzen, um Veränderungen herbeizuführen.
  • Im Coaching geht es nicht um die Diagnose oder Behandlung von psychischen Störungen oder klinischen Problemen, dies ist Aufgabe der hierfür zugelassenen und spezialisierten medizinischen Therapeuten.

Im Coachingprozess (regelmäßig über mehrere Sitzungen) geht es vielmehr um die Unterstützung des Klienten bei der Verbesserung seiner Leistung, Karriere, Beziehungen oder Lebensqualität. Ein Coach kann dabei helfen, den Klienten bei der Entdeckung neuer Perspektiven, Handlungsoptionen und Lösungen zu unterstützen, indem er Fragen stellt, Feedback gibt, Techniken anwendet und Ressourcen zur Verfügung stellt.

Es gibt eine wachsende Anzahl von wissenschaftlichen Studien, die die Wirksamkeit von Coachingprozessen untersucht haben. Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass es viele verschiedene Arten von Coaching gibt und dass die Ergebnisse von Studien je nach Art des Coachings und den eingesetzten Techniken variieren können.

Einige Studien haben gezeigt, dass Coachingprozesse positive Auswirkungen auf die Leistung und das Wohlbefinden von Einzelpersonen haben können.

Zum Beispiel ergab eine Studie, die im Jahr 2018 im Journal of Occupational Health Psychology veröffentlicht wurde, dass Coaching dazu beitragen kann, das Burnout-Risiko von Managern zu reduzieren.

Eine weitere Studie, die im Jahr 2019 im Journal of Occupational and Organizational Psychology veröffentlicht wurde, ergab, dass Coaching dazu beitragen kann, das Selbstvertrauen und die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern zu erhöhen.

Es gibt auch Studien, die die Wirksamkeit von spezifischen Coaching-Techniken untersucht haben.

Eine Studie, die im Jahr 2015 im Journal of Consulting and Clinical Psychology veröffentlicht wurde, untersuchte die Wirksamkeit von kognitiv-behavioralem Coaching bei der Behandlung von Depressionen und ergab positive Ergebnisse.

Eine andere Studie, die im Jahr 2019 im Journal of Career Assessment veröffentlicht wurde, untersuchte die Wirksamkeit von Karriere-Coaching und ergab, dass es dazu beitragen kann, die Karrierezufriedenheit und die Arbeitsleistung von Mitarbeitern zu erhöhen.

Neurowissenschaftliche Erkenntnisse können beim Coachingprozess helfen, das Verhalten, die Gedanken und Emotionen von Klienten besser zu verstehen und gezielt zu beeinflussen. Hier sind einige Beispiele für neurowissenschaftliche Erkenntnisse, die im Coachingprozess relevant sein können:

  • Neuroplastizität: Das Gehirn kann sich kontinuierlich verändern und anpassen, auch im Erwachsenenalter. Diese Fähigkeit nennt man Neuroplastizität. Coaching kann darauf abzielen, positive neuronale Veränderungen bei Klienten zu unterstützen, indem es ihnen hilft, ihre Denk- und Verhaltensmuster zu ändern. Durch gezielte Übungen und Aufgaben können Klienten lernen, neue neuronale Verbindungen zu bilden und unerwünschte Verhaltensmuster abzulegen.
  • Emotionale Intelligenz: Neurowissenschaftliche Forschung hat gezeigt, dass das limbische System des Gehirns für die Emotionsregulation verantwortlich ist. Ein wichtiger Aspekt der Emotionsregulation ist die Fähigkeit, die eigenen Emotionen und die Emotionen anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und zu regulieren. Coaching kann darauf abzielen, die emotionale Intelligenz von Klienten zu verbessern, indem es ihnen hilft, ihre Emotionen zu identifizieren, zu benennen und angemessen zu regulieren.
  • Selbstregulation: Neurowissenschaftliche Forschung hat auch gezeigt, dass die Fähigkeit zur Selbstregulation eng mit der Aktivität des präfrontalen Kortex des Gehirns verbunden ist. Coaching kann Klienten helfen, ihre Fähigkeit zur Selbstregulation zu verbessern, indem es ihnen Techniken und Strategien vermittelt, um ihre Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen zu kontrollieren.
  • Achtsamkeit: Neurowissenschaftliche Forschung hat gezeigt, dass Achtsamkeitspraktiken Veränderungen in verschiedenen Bereichen des Gehirns bewirken können, einschließlich des präfrontalen Kortex, des limbischen Systems und des Insulinsystems. Coaching kann darauf abzielen, die Achtsamkeit von Klienten zu fördern, indem es ihnen beibringt, ihre Aufmerksamkeit bewusst auf den gegenwärtigen Moment zu richten, ohne Urteile zu fällen.
  • Spiegelneuronen: Neurowissenschaftliche Forschung hat gezeigt, dass Spiegelneuronen im Gehirn aktiviert werden, wenn wir das Verhalten oder die Emotionen anderer Menschen beobachten. Coaching kann darauf abzielen, diese Spiegelneuronen gezielt zu nutzen, um Klienten dabei zu helfen, neue Verhaltens- und Denkmuster zu erlernen.

Diese neurowissenschaftlichen Erkenntnisse können als Grundlage für den Coachingprozess dienen und dazu beitragen, effektive Coaching-Strategien zu entwickeln, die auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis beruhen.

Für vertiefende Erkenntnisse zum Thema Coaching, empfehle ich das Buch „Coaching, Beratung und Gehirn: Neurobiologische Grundlagen wirksamer Veränderungskonzepte“ von Prof.Dr.Dr. Gerhard Roth und Alisa Ryba.

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